Der Urner Wald leidet

«In unseren Wäldern wurden seit Jahresbeginn 14’000 Kubikmeter Schadholz geschlagen. Das ist die Hälfte einer durchschnittlichen Jahresnutzung», sagt der Urner Sicherheitsdirektor Dimitri Moretti. Aufgrund des Wassermangels sind in den Bannwäldern von Altdorf, Schattdorf und Bürglen bereits zahlreiche Weisstannen verdorrt.

 

Wettlauf gegen die Zeit

In den Wäldern von Gurtnellen sind 2500 Kubikmeter Fichten vom Borkenkäfer befallen. Die betroffenen Flächen befinden sich oft in steilem Gelände, das nur zu Fuss erreichbar ist. Der Forstbetrieb Uri Süd verfügt nicht über genügend Personal, um die Arbeit rechtzeitig zu erledigen. «Wir haben darum von weiteren Korporationsbürgergemeinden und private Holz­unternehmern Personal und Maschinen angefordert», sagt der Urner Regierungsrat und Sicherheitsdirektor, Dimitri Moretti. Bis zu 25 Forstarbeiter sind zurzeit im Einsatz.

Vom Befall bis zum Ausfliegen der neuen Käfergeneration dauert es zwischen sieben und zwölf Wochen – je nach Höhenlage und Witterung. In einem einzigen Baum können bis zu 80'000 Borkenkäfer aktiv sein. Kranke Bäume müssen gefällt und entrindet werden, solange sich die Larven der neuen Käfergeneration noch unter der Rinde befinden. Die Larven verdorren und sterben ab. Der Zeitdruck ist gross. «Meistens kommen wir zu spät», sagt der Förster Toni Zberg. «Die Käfer verbreiten sich explosionsartig.»

 

Schutzwälder haben Priorität

Im Kanton Uri ist 90 Prozent des Waldes Schutzwald. «Wir haben Schwerpunkte gesetzt und zuerst dort eingegriffen, wo es am wichtigsten ist – oberhalb der Häuser, den Strassen und der Eisenbahn», erklärt der Förster Ferdi Herger vom Forstbetrieb Uri Süd.

Wo immer möglich transportieren die Forstteams die Bäume aus dem Wald. An schwer zugänglichen Orten, werden die Bäume gefällt und liegengelassen. Sie dienen, in Verbindung mit technischen Verbauungen als Schutz gegen Steinschlag und Lawinen. «Wir lassen auch dürre Bäume stehen. Das sieht zwar nicht schön aus – aber auch ein toter Baum hat Funktionen. Dort können sich natürliche Feinde des Borkenkäfers einnisten, wie der Specht», sagt Beat Annen vom Amt für Forst und Jagd des Kantons Uri.

 

Hoffen auf baldigen Wintereinbruch

«Leider wissen wir zurzeit nicht, wie es weitergeht. Bleiben die Temperaturen hoch, sind wir einen weiteren Monat oder noch länger an der Schadholzbeseitigung. Man sieht kein Ende», sagt Ferdi Herger, vom Forstbetrieb Uri Süd. Er hofft auf einen baldigen Wintereinbruch und einen kalten und niederschlagsreichen Frühling 2020.

«Wir gehen davon aus, dass wir in den nächsten Jahren weiterhin mit diesen Problemen zu kämpfen haben», sagt Beat Annen.
«Der Klimawandel macht sich bemerkbar, der Wald verändert sich. In tieferen Lagen werden sich Eichenarten, wie sie in Italien oder Südfrankreich verbreitet sind, durchsetzen. In den höheren Lagen wird die Fichte jedoch die dominierende Baumart bleiben.»

 

Ein kleines Insekt zerstört ganze Wälder

Etwas über 100 Borkenkäferarten zählt man in Europa. Befallen werden die Fichten jedoch ausschliesslich von einer Borkenkäferart, dem Buchdrucker, der sich unter der Rinde einnistet. Gesunde Bäume können sich gegen Borkenkäfer wehren, indem sie klebrige Harze nach aussen abgeben, in denen die Käfer stecken bleiben. Gefährlich werden die 5 mm grossen Eindringlinge für Bäume erst, wenn sie die Fichten in grosser Zahl angreifen. Die Bäume kommen dann mit der Harzproduktion nicht mehr nach. Die Käfer bohren sich durch die weiche Baumrinde, vermehren rasend schnell und fressen Gänge in die Rinde. Damit unterbrechen die Borkenkäfer den Saftstrom im Baumstamm. Die Wurzeln können kein Wasser mehr aufnehmen, die Nadeln verfärben sich rotbraun, der Baum verdurstet.

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